Nachdem wir in Montevideo unseren Frachter verlassen, die Zollformalitäten erledig haben, sind wir auf einmal in Südamerika. Das Gute daran ist das wir in Uruguay gelandet sind.
Uruguay ist nicht gerade der grösste Staat in Südamerika, aber ich glaube der Liebevollste. Die Menschen hier sind sehr entspannt, jeder zweite läuft mit seiner Thermoskanne und dem obligatorischen Trinkgefäß für Mate-Tee herum. Das bedeutet, jeder zweite Uruguayaner hat nur eine Hand frei. Damit lassen sich nur eingeschränkt irgendwelche Tätigkeiten erledigen. Also lässt’s man lieber. Man hat dafür den Kopf frei zum denken und dichten. So ist der Uru an sich ein Freigeist. Er liest, schreibt (geht mit einer Hand) und diskutiert mit Freunden über vergangene Zeiten. Ja – Uruguay war einmal unheimlich reich. Rindfleischexporte haben so manche kleine Männer zu grossen Männer gemacht. Montevideo ist voll von unheimlich schönen alten Häusern, stattliche Villen und vielen grünen Parks. Doch viele sind nur noch Fassaden. Überall bröckelt der Putz und es regnet durch eingestürzte Dächer. Aber an einigen Ecken haben sich einige Bauherren und Architekten darangemacht diese Schmuckstücke zu renovieren und damit zu erhalten. Für mich ist Montevideo wie Bamberg. Beide haben gegenüber anderen Städten ihre eigene Geschwindigkeit, sind beliebt bei Besuchern und werden von ihren Bewohnern behütet. Ok – Montevideo ist ein wenig größer als Bamberg, dafür ist in Bamberg entschieden mehr los. Wir sind am 3. Adventssamstag durch die Fußgängerzone in Montevideo gelaufen. Wir waren alleine. Die Geschäfte hatten teilweise offen und es war kein Weihnachtstrubel zu spüren – wie bei uns! Da denkt sich der Europäer auch seinen Teil – wir laufen dem großen Rad hinterher und wollen eine ewige Spirale der Konjunktur und des Wachstums befriedigen – für den Uruguayaner geht’s einfach auf Weihnachten zu. Nicht das hier das Fest nicht gewürdigt und gefeiert werden würde – nein es IST einfach Weihnachten – mehr nicht. Natürlich besitzt diese Stadt auch „Shoppingcenter“ mit allen Geschäften die wir auch haben. Aber die Menschen kommen, schauen, kaufen ein und – geniessen die klimatisierte Atmosphäre mit ca. 20 Grad, während draussen ungefähr 40 Grad herrschen. Dann trinken sie ihren (mitgebrachten) Mate-Tee und gehen wieder. Müssen ja noch mit Freunden darüber reden.
Wenn der Uru mit seinen Freunden reden möchte, dann braucht er dazu Feuer. Tja, und wenn schon mal Feuer da ist kann man(n) – und nur MANN, Fleisch darauf brutzeln. Die Stücke werden in einer bestimmten Reihenfolge – die für Europäer kaum nachvollziehbar ist – auf den Grill gelegt. Das nennt sich dann Asado. Und die Südamerikaner lieben Asado. Praktischerweise haben sie auch das beste Rindfleisch dafür. Wir haben in Montevideo den Test gemacht und sind in eine alte Markthalle am Hafen, die jetzt Restaurants beherbergt, zum Essen eingekehrt. Dort lodern richtige Holzfeuer und es reihen sich Fleischberge auf. Und – es schmeckt richtig gut. Keine Abzocke wie man es erwarten könnte, da sich hier viele Touris herumtreiben. Beim genaueren hinsehen bemerkt man auch viele Einheimische die mit Freunden zum Essen hier sind. (Ich vermute, die haben zu Hause einen Balkon auf dem sie kein Feuer schüren dürfen – oder sind von der Arbeit direkt hergekommen.)
Wir stellen fest – Montevideo – du bist uns sympatisch – dich besuchen wir bestimmt öfter.
Für uns geht die Reise jedoch erst mal weiter – Richtung Colonia di Sacramento. Vorn dort wollen wir mit der Fähre nach Buenos Aires. Auf dem Weg dorthin führt die Straße durch grüne Felder und landwirtschaftlich genutztes Gebiet. Es werden Käse und Milchprodukte direkt an der Straße angeboten, denn ein paar Schweizer haben sich Anfang des vorherigen Jahrhunderts hier niedergelassen. Überhaupt liest man viele, europäisch klingende Namen auf den Schildern. Uruguay war ein wichtiges Einwanderungsland. Es hat auch mehr Rinder als Einwohner. Und inzwischen auch mehr Schafe.
Wir heben uns dieses liebenswerte Land für eine spätere Entdeckungsreise auf.